Gedenkstättenfahrt der SV nach Auschwitz

„Was gewesen ist, können wir nicht ändern. Ich bin zurückgekommen, um mit euch zu sprechen, euch die Hand zu reichen. Aber euch zu bitten, dass ihr die Zeitzeugen sein sollt, die wir nicht mehr sehr lange sein können. Was war, können wir nicht ändern. Es darf nur nie wieder geschehen. Es ist in eurer Hand, dass ihr vorsichtig seid. Ich brauche nur die Worte: Seid Menschen. Denn ich finde, wenn man Mensch ist, macht man sowas nicht. Dann respektiert man.“ (Margot Friedländer)
Der Besuch von Auschwitz verändert unser Fühlen und Denken. Diese Erfahrung konnten auch wir gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der SV aus Eisenberg und Rockenhausen während einer Gedenkstättenfahrt vom 05.-10. Juni erleben.
Oswiecim, einst eine blühende polnische Kleinstadt, in der das Zusammenleben zwischen den Religionen und Kulturen lange problemlos funktionierte, erlangte nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht schnell traurige Berühmtheit mit dem Namen, der für Ausbeutung, Unterdrückung, Menschenversuche und millionenfachen Mord steht: Auschwitz.
Wir besuchen das Stammlager 1 und sehen Unvorstellbares: Berge von Haaren, Brillen, Koffern, Kleidern, Schuhen, erfahren wie Menschen verwertet wurden. Zahngold, Haare für Teppiche.
Wir hören Geschichten voller Sadismus und Grausamkeit, werden still und ertragen kaum das Gesagte und Gehörte.
Später tauschen wir uns aus über Gefühle von Ohnmacht und Scham, Wut und Angst.
Und bei einer kleinen Gedenkfeier spricht Hatice über den Hass gegenüber Menschen, den andere zugelassen haben, über die Mitläufer und wie gefährlich das Schweigen ist. Und sie fragt schließlich nach der Verantwortung aller im Hier und Jetzt.
Am nächsten Tag, so früh, noch niemand ist da, laufen wir schweigend über die Schienen, die ins Vernichtungslager Birkenau führen. Die Ausmaße erschlagen. Die Baracken aus Stein und die Reste der Holzbaracken wollen kein Ende nehmen.
Über 1 Millionen Menschen wurden allein hier vergast und verbrannt. Hauptsächlich waren es Menschen jüdischen Glaubens, aber auch politische Häftlinge, Sinti und Roma, Homosexuelle und alle, die den Nazis als nicht lebenswert erschienen.
In Güterwaggons wurden sie aus ganz Europa hierher gebracht. 80 Menschen eingepfercht, ohne Essen. Für die Notdurft gab es einen Eimer. Bis zu 17 Tagen dauerten die Transporte.
Wir laufen durch das Lager. Wieder entsetzliche Geschichten. Und manchmal Geschichten der Hoffnung. Von einigen Säuglingen und kleinen Kindern, die in den „Santärbaracken“ die Hölle überlebten, weil die Wachmannschaften und die SS Ekel hatten und Angst vor Ansteckungen. So erzählt es unsere Begleiterin Hannah.
In den Überresten einer Gaskammer lebt eine Fuchsfamilie, Störche und Fischreiher kreisen am Himmel und finden Nahrung in den feuchten Wiesen, Rehe verstecken sich. Surreal, fast eine Idylle. Wäre da nicht die Geschichte, die so monströs, so widerlich, so pervers ist, dass es unvorstellbar ist, diese als „Vogelschiss“ zu bezeichnen.
„Kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte“, sagte Max Liebermann nach der Machtergreifung Hitlers. Und hier an diesem Ort geht es vielen ebenso.
Am nächsten Tag steht die Fahrt nach Krakau auf unserem Programm. Wir erkunden das jüdische Viertel, blicken auf das jüdische Gemeindezentrum. Alte ukrainische Flüchtlinge warten auf Einlass. Sie sind auf Nahrungsspenden angewiesen. Dann geht es zu den Orten, an denen „Schindlers Liste“ gedreht wurde.
Der Film wird ganz lebendig bis hin zum Selektionsplatz, von dem aus nur wenige das Glück hatten, Richtung Emaillefabrik laufen zu dürfen. Die Schindlerjuden.
In der Fabrik befindet sich mittlerweile ein Museum. Beim Rundgang tauchen wir nochmal ein in die Geschichte Polens. Vor, während und nach dem 2. Weltkrieg.
Wir laufen durch die Geschichte, laufen über wackeligen Boden und über Hakenkreuzfliesen. Gänsehaut und Abscheu.
Am Ende folgt ein leidenschaftlicher Appell unserer fantastischen Begleiterin Barbara wählen zu gehen, um den Rechtsradikalen und Rechtsnationalisten nicht das Feld zu überlassen.
Dann werden wir geblendet von der Schönheit der Stadt und hineingezogen in das pralle Leben Krakaus.
5 Tage gehen zu Ende. Intensiv war die Zeit. Viele Fragen bleiben. Wie das alles möglich war und ob es reicht, was Hannah Arendt mit der „Banalität des Bösen“ beschrieben hat.
Aber nicht die Schwermut, nicht der Zorn, die Wut und das Entsetzen haben das letzte Wort: Wie jeden Abend sitzen wir auch am letzten Tag nach der Reflexion abends alle zusammen. Trinken, lachen, erzählen und spielen. Und wir feiern dankbar die Liebe zum Leben. Auch das gehört dazu.
Aber vor allem, die ganzen Erfahrungen mit einer „wahnsinnig“ tollen und emphatischen Gruppe junger und älterer Menschen erlebt zu haben, macht Mut das „NIE WIEDER“ zu leben.
Dieses „NIE WIEDER“, so sagt es unsere Schülersprecherin, beginnt hier nicht in Auschwitz.
„Nie wieder“ beginnt bei uns. In der Schule.
Online. Im Kopf. Jeden Tag.
Vielen Dank an Karin Kienle vom Landesjugendpfarramt, ohne die eine solche Fahrt nie möglich gewesen wäre.
Vielen Dank an den Förderverein unserer Schule, der durch seine Zuschüsse auch manches erst möglich machte.
Und vielen Dank an alle Teilnehmenden, die einfach klasse waren.
Text: Stefan Rau

























































